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Spielen / Spielqualität

Abenteuer und Sicherheit

Im Vergleich zu früher sind heute viele Kinder schlicht überhütet. Bei der Planung von Spielplätzen dreht sich die Diskussion meist um die Frage: «Was können wir machen, damit den Kindern möglichst nichts passiert?» Kinder scheuen die Gefahr nicht. Spielabläufe mit einem gewissen Schwierigkeitsgrad fordern erst ihre Fähigkeiten heraus. Ein Spielplatz ohne Gefahrenmomente und ohne die Möglichkeit kleinere und grössere Abenteuer zu erleben ist meist langweilig und entspricht nicht den Bedürfnissen der Kinder. Andererseits ist bekannt, dass auf Schweizer Kinderspielplätzen jährlich 5'000 Unfälle gezählt werden, die eine ärztliche Versorgung erfordern.

«Was können wir machen, damit den Kindern möglichst nichts passiert?»

Die Stadt Frauenfeld und die Schulgemeinden unterhalten ihre Spielplätze mit einer vorausschauenden Planung, einem fachgerecht ausgeführten Bau und dem entsprechenden Wartungskonzept. Dadurch können die genannten Risiken minimiert, jedoch nicht komplett ausgeschaltet werden. Die Verantwortung für die spielenden Kinder liegt in erster Linie, und das muss hier festgehalten werden, bei den Erziehungsberechtigten.

Das kleine Spielplatz-ABC

Kinder leben dort, wo sie wohnen. Die Wohnung, das nähere Wohnumfeld und das Wohnquartier bestimmen ihre Lebensqualität und ihre Entwicklungsmöglichkeiten entscheidend. Wir haben nachfolgend versucht, konkret darzustellen, welche Anforderungen an eine kindergerechte und somit kinderfreundliche Umwelt gestellt werden können. Dabei haben wir in der Projektarbeit auch auf bereits erarbeitete Grundlagen des SWE und der Pro Juventute zurückgegriffen.

1. Haus und Wohnung

Die familiäre Wohnung ist gerade bei uns aufgrund der hohen Verkehrsdichte ein Bereich, in dem die Kinder viel Zeit verbringen. Hier knüpfen sie ihre ersten sozialen Kontakte. Hier entwickeln sie ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten und lernen ihre Grenzen kennen. Hier können sie die Balance zwischen Alleinsein und Zusammenleben erproben, ihre Eigenständigkeit und Selbstbestimmung entfalten. Die Wohnung ist der lebendige Mittelpunkt.

2. Von drinnen nach draussen

Wohnen mit Kindern endet nicht an der Wohnungstüre. Für Kinder beginnt die Welt direkt vor der Haustüre. Die nähere Wohnumgebung ist für Kinder der erste Lebensbereich, in dem sie lernen, sich selbstständig ausserhalb der vertrauten Wohnung und der Familie mit der Um- und Mitwelt auseinanderzusetzen. Sie sind einerseits neugierig auf die unbekannte Umgebung, andererseits erleben sie viele Dinge als fremd und bedrohlich.

3. Rund ums Haus und im Quartier

Kinder spielen überall, auch eine Parkbank kann zum Spielgerät werden. Spielen ist keine Tätigkeit, die nur innerhalb bestimmter Grenzen stattfindet und darum nur auf einem zugewiesenen, begrenzten Platz erlaubt sein kann, während sie in dessen Umgebung ausgeschlossen ist. Der wohnungsnahe Aussenraum hat für die Spielaktivitäten der Kinder eine zentrale Bedeutung. Dort treffen sie die Nachbarskinder, schliessen Freundschaften und erleben Feindschaften. Sie erfinden selbstständig Gruppenspiele und erkunden zusammen die Welt.

4. Spielbedürfnisse von Kindern

Spielen setzt sich aus verschiedenen Aktivitäten zusammen und erfordert daher verschiedene Gegebenheiten und Möglichkeiten. Die bespielbare Wohnumgebung soll so gestaltet sein, dass verschiedene Abschnitte und Zonen entstehen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen Rechnung tragen und ineinandergreifen können. Es lassen sich grundsätzlich drei Hauptkategorien von Spielarten feststellen. Auch wenn diese Grundspielarten selten in reiner Form auftreten, benötigen sie jeweils verschiedene räumliche Bedingungen, die es zu berücksichtigen gilt:

a. Beziehungsbeispiele

Nischen und Ecken, Rückzugsmöglichkeiten

Übernahme von Rollen, zusammensitzen, weitere Aktivitäten planen ...

Arena, Spielhäuschen, Weidenhaus, Vorsprünge, Höhlen, Büsche, etc.

Kommunikation

Kontakt knüpfen, kennenlernen, Probleme diskutieren, feiern …

Bänke und Tische, aufgemalte Spiele, Tischtennis, Streetball

Ruhebereich

Liegen, essen, sitzen, baden …

Sonnig, einzelne Schattenspender, lärmgeschützt

Pflanzen und Tiere

Beete, Tiergehege, Gerätehaus

Spezialeinrichtungen, z. B. in Schulen und Kindergärten, regelmässige Betreuung notwendig

b. Gestaltungsspiele

Sand - Erde - Kies

Formen, gestalten, bauen, graben

Erde, Ton, Sand, Sandmatsch, offene Mulden, Wassernähe

Wasser

Spritzen, planschen, stauen, umleiten …

Wasserlauf, Pumpe oder Brunnen (wichtig: geringe Wassertiefe

Feuer

Feuer entfachen, kochen, braten

Feuerstelle, Holzvorrat

Bauen und gestalten

Natur- und Alltagsmaterialien:
Steine, Äste, Tücher, Holzelemente, Kisten

Umfriedeter Bereich, Sträucher (etwas Chaos zulassen)

c. Bewegungsspiele

Freie Bewegung

Rennen, hüpfen, klettern, rutschen, kriechen
Fang- und Suchspiele

Offene Spielwiese, Hügel, Gebüsch, herausfordernde Hindernisse

Bewegung an fixierten Elementen

Kriechen, balancieren, drehen, schaukeln, wippen, rutschen

Wildhecke, Seile, Rohre, Wiese (Fallschutz)

Bewegung mit Fahrzeugen

Fahren, rollen, gleiten mit Velos, Rollbrett, Schlitten

Hartplatz, gewalzter Kies, Hügel, Fahrwege, Rampen

Bewegung mit mobilen Objekten

Ball- und Mannschaftsspiele, Stelzen, Federball, Boccia

Ballwand, Streetball-Korb, Stufen, Ballspielnetz, usw.

5. Spielbedürfnisse verschiedener Altersgruppen

  1. Kleinkinderspielbereiche (Alter 0 – 6 Jahre):
    Kleinkinderspielbereiche sind in Ruf- und Sichtweite der Wohnung anzulegen. Sie sollten von Kindern gefahrlos alleine erreichbar sein.
  2. Spielbedürfnisse von mittleren Altersgruppen (6 – 12 Jahre):
    Da Kinder in diesem Alter ihr Wohnumfeld selbstständig erkunden, sind ihre Spielbereiche möglichst in die Gestaltung der gesamten Wohnumgebung zu integrieren.
  3. Grosse Kinder und Jugendliche (12 – 16 Jahre):
    Das ganze Quartier, die Stadt usw. umfasst bei grösseren Kindern und Jugendlichen den Bereich, wo sie ihre Freizeit verbringen. Damit sie diesen auch nutzen können, ist ein attraktives, sicheres Fuss- und Radwegnetz von zentraler Bedeutung.
  4. Treffpunkt für Familien:
    Sitzplätze und Spielgeräte für Erwachsene, beispielsweise integriert im Rahmen einer Feuerstelle, laden zu Nachbarkontakten, zu gemeinsamen Essen und Festen ein.

Quelle: Kindergerechtes und familienfreundliches Bauen, SWE Schweizerischer Verband für Wohnbau- und Eigentumsförderung, © 2000, pro juventute